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Handlungs- und wahrnehmungsleitende Orientierungen im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler im Sportunterricht – Rekonstruktion von praktischem Wissen der Sportlehrkräfte

Doktorand: Daniel Schiller

Erstbetreuerin: Prof. Dr. Renate Zimmer
Zweitbetreuer: Prof. Dr. Jan Erhorn

Kurzbeschreibung

Daniel Schiller untersucht in seiner Dissertation Schüler*innenbezogene Orientierungen der Sportlehrkräfte im Sportunterricht. In einer praxeologisch-wissenssoziologischen Forschungsperspektive (vgl. hierzu Bohnsack, 2014) konzipiert er Unterricht als ein Vollzugsgeschehen, in dem die Handlungspraxis der Akteur*innen vornehmlich routinisiereten impliziten Wissensbeständen folgt. Bezogen auf die Akteurin Lehrkraft interessiert Schiller wahrnehmungs- und handlungsleitendes Wissen im Umgang mit Schüler*innen. Damit schließt er zum einen an einen zentralen Strang qualitativer Sportunterrichtsforschung an, handlungsleitende Orientierungen der Lehrkräfte zu rekonstruieren (vgl. zunächst Lange, 1984 und zuletzt Ernst, 2018). Zum anderen akzentuiert er mit seinem Fokus auf die visuelle Dimension von Handlungspraxis – mit Bourdieu gesprochen habituelle Wahrnehmungs- und Handlungsmuster (Bourdieu & Wacquant, 2006) – eine Facette praxeologischer Forschung, die auch in anderen Kontexten innerhalb und außerhalb des schulischen Feldes an Bedeutung gewinnt und für die Analyse sozialer Praktiken als relevant eingeschätzt wird (vgl. Göbel & Prinz, 2015).

In seiner empirischen Studie hat Schiller narrativ-episodische Interviews mit zwölf Sportlehrkräften und zwei Nicht-Sportlehrkräften geführt und im Anschluss entlang von Verfahrensschritten dokumentarischer Interpretation ausgewertet. In der empirischen Rekonstruktion zeigen sich fünf typische Orientierungsrahmen in der Sicht auf und im Umgang mit Schüler_innen sowie zwei typübergreifende Muster, welche sich durch den Vergleich mit den beiden Nicht-Sportlehrkräften als fachkulturelle Muster deuten lassen.

Die rekonstruierten Orientierungen erweisen sich in der Analyse auch anerkennungstheoretisch relevant, da die Positionierungen von Schüler_innen in der Erzählpraxis im Interview auf spezifische Adressierungspraktiken in der erzählten Unterrichtspraxis verweisen. So diskutiert die Arbeit schließlich die handlungspraktische Wirkmacht der rekonstruierten Orientierungen und schließt an normalisierungs-, subjektivations- und kapitaltheoretische Diskurse an. Die Ergebnisse lassen sich zudem an aktuelle Arbeiten zum Sportunterricht als konjunktiven Erfahrungsraum für Schüler_innen rückbinden (vgl. Zander, 2018), da die Handlungspraxis der Lehrkräfte als Ko-Konstruktion in der Stiftung sportunterrichtlicher Erfahrungen betrachtet werden kann.

Die Dissertation ist abgeschlossen und wurde 2020 veröffentlicht:

Schiller. D. (2020). Handlungs‐ und wahrnehmungsleitende Orientierungen im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler im Sportunterricht – Rekonstruktion von praktischem Wissen der Sportlehrkräfte. Aachen: Meyer & Meyer.

Literatur

Bohnsack, R. (2014). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. Opladen: Budrich.
Bourdieu, P. & Wacquant, L.J.D. (2006). Reflexive Anthropologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. (Original veröffentlicht 1992).
Ernst, C. (2018). Professionalisierung – Bildung – Fachkultur. Rekonstruktionen zur berufsbiographischen Entwicklung von Sportlehrerinnen und Sportlehrern. Wiesbaden: Springer VS.

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